Eishockey

Eishockey-WM: Das DEB-Team ist heiß auf den nächsten Coup

Seiders Fehlen als großer X-Faktor

Das DEB-Team ist heiß auf den nächsten Coup

Das DEB-Team blickt der Weltmeisterschaft selbstbewusst entgegen.

Das DEB-Team blickt der Weltmeisterschaft selbstbewusst entgegen. IMAGO/Nordphoto

Die Erinnerungen sind noch frisch. Am 27. Mai 2023 erzielte Frederik Tiffels in der Verlängerung des WM-Halbfinalspiels gegen die USA das Siegtor und schoss Deutschland damit zur ersten WM-Medaille seit 1953. Wie im olympischen Finale von 2018, in dem der Sieg erst in der Overtime gegen Russland knapp verpasst wurde, reichte es auch im WM-Finale gegen Kanada nicht ganz zum großen Wurf. Das Ergebnis von 2:5 täuscht indes über den deutlich engeren Spielverlauf hinweg, weil die DEB-Auswahl zwischenzeitlich zweimal führte und erst in der 45. Minute erstmals in Rückstand geriet.

Kreis verzichtet auf Plachta - Auch Noebels fehlt

Doch wie stehen die Chancen 2024? Ist Deutschland beim Turnier in Tschechien erneut ein Medaillenkandidat? Blickt man auf den Kader, so wird Bundestrainer Harold Kreis auf viele aus dem Vorjahr bekannte Gesichter zurückgreifen können. Satte 15 Spieler des Silber-Teams stehen im 25-köpfigen Kader, den Kreis am Dienstag mit ins tschechische Ostrava nahm, ehe es am heutigen Freitag (16.20 Uhr) zum WM-Auftakt in einer gleich richtungsweisenden Partie gegen die Slowakei geht.

Zumindest im Tor steht dabei mit Philipp Grubauer ein NHL-Keeper zur Verfügung, der vor einem Jahr aufgrund des Einzugs in die zweite Play-off-Runde mit seinem Klub Seattle Kraken nicht mit dabei war und der sicherlich der beste deutsche Keeper der letzten Jahre ist. Während Kreis ein wenig überraschend auf den erfahrenen Nationalspieler und siebenmaligen WM-Teilnehmer Matthias Plachta verzichtete, fehlen mit den verletzten Leon Gawanke und Marcel Noebels vom frisch gebackenen Deutschen Meister Eisbären Berlin zwei Akteure aus dem Vorjahr. Gerade Noebels’ Ausfall schmerzt, war der 32-Jährige 2023 doch nicht nur als Co-Kapitän, sondern auch als Scorer ein Schlüsselspieler.

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Seiders Fehlen schmerzt

Immerhin: Die letztjährigen Leistungsträger aus der NHL John-Jason Peterka (Buffalo), der vor einem Jahr sogar zum besten Stürmer des Turniers gewählt worden war, sowie Nico Sturm (San Jose) sind wieder dabei. Daneben stehen mit Marc Michaelis vom EV Zug und DEL-Play-off-Topscorer Leo Pföderl (Berlin) auch zwei der vier besten deutschen Scorer der WM 2022 zur Verfügung, die 2023 hatten passen müssen.

Ein mittelgroßes Fragezeichen steht indes hinter der Abwehr. Neben Gawanke wird auch Moritz Seider, Deutschlands einziger internationaler Star auf der Verteidigerposition, nicht teilnehmen, sodass nach Leon Draisaitl (mit Edmonton noch in den Play-offs) und Tim Stützle (verletzt) der dritte große Star fehlen wird. Grund: Seiders Einstiegsvertrag bei den Detroit Red Wings läuft aus, im Augenblick wird um einen neuen Kontrakt gepokert. "Wir haben gemeinsam versucht, alle versicherungsrechtlichen Eventualitäten zu berücksichtigen und zu klären. Letztlich mussten wir aber feststellen, dass das nicht umfassend möglich ist. Von daher haben wir uns gemeinsam darauf verständigt, dass er an der WM nicht teilnehmen wird", erklärte DEB-Sportdirektor Christian Künast.

Für Seider geht es aktuell um sehr viel Geld: Um die neun, vielleicht sogar zehn Millionen US-Dollar Jahressalär bei einer maximalen Laufzeit von acht Jahren könnte er in seinem kommenden Deal wohl erzielen; ein Vertragsvolumen, das zugleich deutlich macht, warum Seiders Qualitäten auch für Bundestrainer Kreis eigentlich unverzichtbar sind.

Mit Reichel und viel Zuversicht

Umso wichtiger für das DEB-Team ist daher, dass neben Eisbären-Kapitän Kai Wissmann auch Max Szuber, der vor Kurzem für die Arizona Coyotes sein NHL-Debüt gegeben hat, mit nach Tschechien reiste. Als Letzter sprang mit Lukas Reichel ein weiterer NHL-Akteur auf den WM-Zug auf, wird zum Auftakt am Freitag aber wohl noch nicht auflaufen. Dennoch: Trotz Grubauer, Peterka oder Sturm sieht das Team ohne Seider auf dem Papier ein wenig schwächer aus als im Vorjahr.

Das Viertelfinale, da bin ich selbstbewusst, werden wir schaffen.

Nico Sturm (29)

Allerdings musste es schon damals im Viertelfinale beim 3:1-Erfolg gegen die Schweiz teilweise ohne Seider spielen, der nach einem Bandencheck mit einem Spielausschluss bestraft worden war. Die entscheidenden Tore fielen so ohne den Abwehrchef. Damals hatte Kapitän Moritz Müller Seiders Hinausstellung als "Knackpunkt" im positiven Sinne bezeichnet, "weil danach von jedem fünf Prozent mehr kommen mussten".

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Auf ein ganzes Turnier gesehen dürfte Seiders Fehlen aber kaum zu kompensieren sein. Einen kleinen Nachteil sieht Sturm derweil auch in der Vorjahresleistung selbst, da den Vizeweltmeister nun wohl "niemand mehr unterschätzen" werde. An Zuversicht mangelt es dem NHL-Profi dennoch nicht: "Das Viertelfinale, da bin ich selbstbewusst, werden wir schaffen. Danach ist alles möglich".

Dieser Text erschien erstmals in der Montagsausgabe des kicker am 5. Mai. Hier können Sie sich den kicker als eMagazine im Flex-Abo sichern.

Joachim Meyer

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